Arnbacher Gespräche Übersicht                   Arnbacher Gespräche 2005

Jahresthema 2005: Geld - Gott - Gerechtigkeit

2. Grenzenloser Markt - wer zahlt die Zeche?
Dr.Christopher Stehr, Globalisierungsberater Fa. Polymundo,
und Habilitand an der Universität Ulm
17. Februar 2005, 19.30 Uhr


Bericht der Dachauer Nachrichten     -     Bericht von Dr.Alois Igelspacher




Der Referent Dr. Christopher Stehr

Mit der Auflösung der alten Weltordnung Ost gegen West, deutlich geworden am Fall der Berliner Mauer, ist eine neue Größenordnung von Globalisierung entstanden.

Damit setzte sich der 2. Abend der Arnbacher Gespräche der Katholischen Landvolkbewegung auseinander.

"Grenzenloser Markt - wer zahlt die Zeche?" war das Thema für den Referenten Dr. Christopher Stehr, Geschäftsleiter der Unternehmensberatungsfirma Polymundo aus Ulm.

Durch seine flotte Laptop-Präsentation und sein geschicktes Eingehen auf die fast 50 Teilnehmer forderte er von Anfang an eine engagierte Diskussion heraus, in der immer wieder deutlich wurde, daß viele von der Globalisierung nachteilig betroffen sind.

Globales Handeln hat es schon immer gegeben, neu aber seien die Akteure, betonte Stehr. Nicht mehr die Staaten seien es, sondern Konzerne, supranationale Einrichtungen (z.B. IWF, Weltbank), internationale Medienkonzerne und gigantische Kapitaleigentümer. Und neu ist auch die weltweite dynamische Vernetzung unterschiedlicher Entwicklungen in Wirtschaft, Technik, Umwelt, Politik und Sozialverhältnissen.

Die Geschwindigkeit, die Gleichzeitigkeit auf der ganzen Welt und die Machtveränderungen würden diese Entwicklungen praktisch undurchschaubar machen. Die Macht der einzelnen Staaten dagegen zu steuern nehme dramatisch ab und es sei durchaus eine Frage, ob die letzte Supermacht, die USA, damit fertig würden.

Die Politik, Regierung wie Opposition, sind im Grunde überfordert, wurde in der Diskussion deutlich, aber die Menschen suchten in diesem unüberschaubaren Prozeß einen Halt. Natürlich gebe es viele Gewinner, z.B. die Chinesen oder große Kapitalkonzerne, aber es gebe auch zu viele Verlierer, und wer steht auf ihrer Seite? Während auf der einen Seite weltweite Finanzmärkte die Profitmaximierung des Kapitals betreiben, gehen andrerseits soziales und ökologisches Handeln unter. Man stehe vor einem Zivilisationsverlust, meinte ein Teilnehmer.

Und in all diesen Fragen werde die Souveränität der Nationalsaaten von transnationalen Akteuren unterlaufen, ergänzte der Referent Dr. Stehr. Damit gebe es eine internationale Destabilisierung mit neuen Erscheinungen wie Zuwanderungsdruck, Terrorismus, Fundamentalismus Binnenkriegen und einem atemberaubenden Ressourcenverbrauch.

"Wer blickt da noch durch?" meinte ein Teilnehmer, "vielleicht doch einige Mächtige, die daraus mit krimineller Energie Vorteile schöpfen." Nicht kluge Menschen würden sich Gedanken machen, wie das weltweite Gemeinwohl gestärkt werden könne, sondern das Kapital beute die Menschen aus.

Es wurde allgemein deutlich und der Referent räumte es auch ehrlich ein, Politik wie Bevölkerung stehen relativ hilflos vor diesen Entwicklungen. "Mit einem Unterschied" meinte ein Teilnehmer, "die Bevölkerung weiß es und die Politik redet darüber hinweg."

Ganz ohne Hoffnung ging der Gesprächsabend aber nicht zu Ende. Die Konsumenten könnten durch bewusst regionales Verbrauchsverhalten, eine altes Anliegen der Katholischen Landvolkbewegung, einiges entgegensetzen. Wenn eine genügend große Gruppe außerdem bereit ist, nicht alles nur nach dem Geldwert zu beurteilen, könnte der Ausbeutungsmechanismus des Kapitals unterlaufen werden. Und wenn die Globalisierungsschäden laut diskutiert würden, könnten sich dagegen weltweite Netzwerke entwickeln; internationale Ansätze dazu gibt es ja bereits wie die Weltkonferenzen zu Umwelt, Menschenrechte, Sozialem, Frauen und zum Klima.

Entscheidend aber sei, ermutigte der Referent auf Grund seiner Beratungserfahrung, daß die Menschen ihrer eigenen Kraft etwas zutrauen.

Der nächste Arnbacher Gesprächsabend findet am Donnerstag, 3. März um 19.30 Uhr im Pfarrhof Arnbach statt. Er rundet die Gesprächsreihe ab mit dem Thema "Gott und Geld - Glaube im Alltag des Wirtschaftens" mit Prof. Dr. Markus Vogt, Philosophisch-theologische Hochschule Benediktbeuern.

Dr. Alois Igelspacher, Sonnenstraße 7, 85244 Röhrmoos


 

Arnbacher Gespräch zur Frage, wer die Zeche bezahlt
Globalisierung - Markt ohne Grenzen

Bericht der Dachauer Nachrichten vom 26./27.2.2005


wer nimmt Einfluss auf den globalen Markt ?

Arnbach (id) - Rund vierzig Besucher hatten sich zum zweiten Vortragsabend der Arnbacher Gespräche der KLB Dachau im Arnbacher Pfarrheim versammelt. Dr. Christopher Stehr, Habilitand an der Universität Ulm, beschäftigte sich mit der Frage "Grenzenloser Markt wer zahlt die Zeche?".

Der Referent beschrieb dabei die Globalisierungsprozesse mit ihren Wirkungen auf die Gesellschaft und auf den Einzelnen. Durchaus Zustimmung aus dem Plenum erntete Stehr für seine Ausführungen, dass "globales Handeln an sich nichts neues ist, neu hingegen sind die heutigen Akteure".

Bevor man sich nach den Worten von Christopher Stehr jedoch mit der Frage beschäftigt, wer die Zeche bezahlt, sei es notwendig, den Begriff der Globalisierung genau zu definieren. Bei der heutigen Globalisierungsdebatte sei es erforderlich, nach dem Globalisierungsbereich, dem Globalisierungsindikator und dem jeweiligen Akteur zu unterscheiden. Im Unterschied zu früher, als "globales Handeln" zumeist vom Staat ausging, spielen heute vor allem Großkonzerne, supranationale Einrichtungen wie der IWF oder die Weltbank oder große Medienkonzerne eine übergeordnete Rolle. Heute müssen Staaten ihre einstigen Machtmonopole mit diesen "Global Players" teilen.

Diese Entwicklung wird sich nach den Worten von Christopher Stehr fortsetzen, so dass der nationalstaatliche Handlungsspielraum immer weiter eingeschränkt wird.

Diese fast unfreiwillige Abgabe von Souveränitättätsrechten führe in der Praxis dazu, dass die jeweiligen Länder zwar die inländischen Probleme lösen sollen, dies aber aufgrund der nicht mehr re- gulierbaren und steuerbaren Globalisierungs-mechanismen nicht mehr können. Dieser Mechanismus bedrohe den Weltfrieden wesentlich stärker, als dies früher zwischenstaatliche Konflikte getan haben.

Bedenklich ist für Stehr hierbei die Verschiebung von Machtstrukturen, die aufgrund der globalen Vernetzung praktisch undurchschaubar geworden sind.

Etwas hilflos steht diesem Problem jedoch nicht nur jeder einzelne gegenüber, auch die Politik ist im Grunde überfordert. Die einzig denkbare Lösung für Stehr wäre hier der Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen und Abkommen, die auch sanktionierbar sein müssten, um Alleingänge und Egoismen zu vermeiden. Bei der anschließenden Diskussion mit den Gästen im Arnbacher Pfarrhof wurde schnell klar, dass Christopher Stehr mit seinen Ausführungen den Besuchern durchaus aus dem Herzen gesprochen hatte. Offenkundig wurde dabei auch, dass das weltweite Streben nach Gewinnmaximierung soziales und ökologisches Handeln unterdrückt. Gott und Geld


Ankündigung der Arnbacher Gespräche 2005 in der Presse
Zum 1.Gespräch 2005 (Prof.Bonß)
Zum 3.Gespräch 2005 ( Prof. Dr. Markus Vogt)